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Expertenbeitrag

Learnings von starken und schwachen Branchen

«Probleme im Bereich der Kundenzentrierung liegen oft auf der Hand, aber man muss sie sich vor Augen führen», sagen die Professoren Jan-Erik Baars und Dominik Georgi von der Hochschule Luzern. Im Interview ziehen die beiden Experten im Bereich der Customer Centricity Learnings aus starken und schwachen Branchen. Die Gründer und Managing Partner der Plattform Custopia berichten von Emotionalität, Top-down-Strategien und was in Zukunft im Bereich der Kundenzentrierung zu erwarten ist.

28. Juni 2023·4min
Bereits haben grosse Marken aus verschiedenen Branchen die Messungen von Custopia durchgeführt. Wie wird Kundenzentrierung auf der Plattform gemessen?

Custopia erlaubt die Messung der Kundenzentrierung aus interner und aus externer Sicht – im Sinne einer 360-Grad-View. Der Customer Centricity Score erfasst anhand von 15 Kriterien, wie die Mitarbeitenden die Kundenzentrierung des Unternehmens entlang der Dimensionen Führung/Kultur, Prozesse und Umsetzung bewerten. Der Customer Impact Score erhebt die Beurteilung der Kundenzentrierung durch die Kund:innen, aber auch anhand von 15 Kriterien in den Bereichen Funktionalität, Individualität und Emotionalität.

«Unternehmen, die eine Kundenzentrierungskultur schaffen, ermöglichen eine bessere Customer Experience und Kundenloyalität.»
Prof. Jan-Erik Baars
Gibt es Muster, die sich aus den bisherigen Messungen feststellen lassen?

Entscheidend für die Kundenzentrierung ist deren Verankerung in der Unternehmensführung. Wenn Kundenzentrierung top-down priorisiert wird, kann sie auch in der Breite umgesetzt werden. Unternehmen, die eine Kundenzentrierungskultur schaffen, ermöglichen eine bessere Customer Experience und Kundenloyalität.

Welche Stärken zeichnen Branchen aus, die als kundenzentriert identifiziert wurden?

Durch eine kundenzentrierte Führung in der Organisation wird erreicht, dass die Kundschaft ganzheitlich im Zentrum steht: im Hinblick auf Funktionalität, Individualität, aber vor allem auch Emotionalität. Kund:innen merken, ob im Unternehmen an sie gedacht wird, oder ob das Unternehmen sich mit sich selbst beschäftigt und nur aus Prinzip Produkte und Dienstleistungen auf den Markt bringt. Die Kund:innen möchten ernstgenommen werden und emotionale Erlebnisse erfahren. Somit besteht der zentrale Erfolgsfaktor darin, die Kundenperspektive in alle Prozesse des Unternehmens einzubeziehen.

Welche Schwächen wurden in Branchen mit geringerer Kundenzentrierung häufig festgestellt?

Schwächere Branchen underperformen in Bereichen der Emotionalität ihres Auftretens. Aspekte wie Authentizität, Begeisterung und Engagement lassen zu wünschen übrig – nicht zuletzt auch, weil man sich zu sehr auf die Funktionalität ausrichtet. Kunden:innen kaufen jedoch keine Funktionen, sie kaufen ein Erlebnis!

Wie können Unternehmen aus schwachen Branchen ihre Kundenzentrierung verbessern?

Unternehmen können sich bewusst machen, an welchen Stellen im Unternehmen sie Nachholbedarf in Sachen Kundenzentrierung haben. Häufig liegen die Problempunkte auf der Hand, aber man hat sich an sie gewöhnt, und niemand wagt es, daran zu rütteln. Wenn sich das Unternehmen vor Augen führt, wo die Kundenzentrierung verbessert werden kann – und dies im günstigsten Fall in einer konzertierten Aktion über alle Unternehmensbereiche und -stufen hinweg –, kann dies eine positive Dynamik in der gesamten Organisation entfachen.

Wie hängen Kundenzentrierung und Unternehmenserfolg zusammen?

Kundenzentrierung ist der Ausgangspunkt der Kunden-Erfolgskette. Begeisterte Kund:innen bleiben länger, nutzen mehr Leistungen, haben eine höhere «Share of Wallet» (geben verhältnismässig mehr Geld für bestimmte Produkte oder Dienstleistungen des Unternehmens aus) und empfehlen das Unternehmen häufiger weiter. Gleichzeitig wirkt Kundenzentrierung auf der Kosteneffizienzschiene: Kundenzentrierte Unternehmen verschwenden kein Geld für Aktivitäten, die den Kund:innen nichts wert sind. Auch auf diese Weise wird der Kundenwert und damit der Profit erhöht.

«In vielen Branchen befindet sich die Kundenzentrierung noch im Tiefschlaf.»
Prof. Dr. Dominik Georgi
Welche Trends sind in Bezug auf Kundenzentrierung in den kommenden Jahren zu erwarten?

In vielen Branchen befindet sich die Kundenzentrierung noch im Tiefschlaf. In einigen dieser Branchen werden wir beobachten, wie innovative Anbieter die Branche kräftig aufmischen. Gleichzeitig werden etablierte Unternehmen, die sich der Herausforderung stellen und sich konsequent in Richtung Kundenzentrierung verändern, gestärkt aus dieser Phase hervorgehen.